Campanile di San Marco - der Markusturm aus Venedig


Der Beginn des Turmbaus liegt zwischen 888 und 911 unter dem Dogen Pietro Tribuno. Die Bauarbeiten wurden mehrfach unterbrochen; der Turm wurde unter dem Dogen Tribuno Memmo (979–991) fertiggestellt, eine Spitze aus gebranntem Ton wurde 1152 unter dem Dogen Domenico Morosini vollendet, hauptsächlich von den Brüdern Pietro und Giovanni Basilio. Das oberste Geschoss mit den heute noch sichtbaren Klangarkaden wurde 1178 hinzugefügt und 1329 umgestaltet. Die Turmspitze wurde 1510 aufgesetzt und 1517 mit einer Statue des Erzengels Gabriel bekrönt. Die hölzerne Skulptur ist mit vergoldetem Kupferblech verkleidet.
Der Einsturz des Markusturms am 14. Juli 1902:
Der Einsturz des Markusturms, am 14. Juli 1902 um 9 Uhr 47 kam nicht unangekündigt. Schon in den ersten Julitagen wurde ein Mauerriss an der Loggia, der Basis des Turms, bemerkt, der sich in den darauf folgenden zwei Wochen schnell vergrößerte, sich nach oben verlängerte und schließlich die Glockenkammer erreichte. Eilig anberaumte technische Untersuchungen schlossen aber die Gefahr eines Einsturzes aus.Am 12. Juli fielen die ersten Mörtel- und Steinbrocken aus dem Riss. Am 13. Juli war die Situation so kritisch, dass ein Militarkonzert auf dem Markusplatz - allerdings unter dem Protest der anwesenden Menschemenge - vorzeitig beendet wurde. Am 14. Juli wollte die Feuerwehr den Riss genauer untersuchen, brach aber die Untersuchung sofort wieder ab und ließ den Turm und den ganzen Platz, einschließlich aller angenzenden Geschäfte, räumen. Eine Viertelstunde später brach der Turm mit dumpfem Krachen und eine gewaltige Staubwolke verbreitend in sich zusammen. Durch die gerade noch rechtzeitige Evakuierung des Platzes kam niemand ums Leben (außer der Katze des Turmwärters, die den Turm nicht verlassen wollte) und es gab nur einige leicht Verletzte. Noch einige Tage lang lag der Markusplatz und der umliegende Stadtteil unter einer dichten Staubwolke.Noch am gleichen Abend des Einsturzes beschloss die Stadtverwaltung von Venedig, den Turm "come era, dove era" (wie er war, wo er war) wieder aufzubauen.Die genauen Ursachen für den Einsturz konnten nie ermittelt werden, die damaligen technischen Möglichkeiten waren noch zu begrenzt. Es gibt zwar einige Hypothesen, aber keine endgültige Gewissheit. Die Pfahlgründungen unter dem Turm konnten es nicht gewesen sein (fast alle Häuser, Straßen, Kirchen und Paläste Venedigs wurden auf Millionen von Holzpfählen errichtet, die man in den Meeresgrund gerammt hatte): eine Untersuchung ergab, dass sie inzwischen völlig versteinert und absolut tragfähig waren. Allerdings waren die beim Wiederaufbau getroffenen Sicherheitsmaßnahmen nicht ausreichend, so dass fast 100 Jahre später, im Jahr 2008, begonnen wurde, den Turm mit einer Titanumfassung zu sichern.

Beim Einsturz des Turmes wurde auch die Rückseite der direkt angrenzenden Biblioteca Nazionale Marciana schwer in Mitleidenschaft gezogen. Die Arbeiten zur Beseitigung der Schäden verliefen jedoch zügig, sodass die Bibliothek im Jahr 1912 wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden konnte.
Der Wiederaufbau des Turms begann am 25. April 1903. Der neue Bau besteht neben traditionellem Mauerwerk teilweise aus Eisenbeton, wodurch der geplante Turm ein bedeutend geringeres Gewicht hat. Am 25. April, dem Markustag des Jahres 1912, wurde der wiederhergestellte Turm feierlich eingeweiht. Die Pfahlgründungen erwiesen sich nach fast 1000 Jahren als noch sehr gut, waren völlig versteinert und wurden daher nur verstärkt. Dies führte allerdings zu neuen Problemen, die fast 100 Jahre später akut zu werden drohten. 2008 wurde daher begonnen, den Markusturm mit einer Titanumfassung zu sichern. Anstelle der innen umlaufenden, nach oben führenden Rampe wurde eine Treppe eingebaut. Heute ist das Glockengeschoss des Turms gegen Eintritt über einen Aufzug erreichbar.
Am Donnerstag vor dem Rosenmontag findet hier außerdem der sogenannte "Flug des Engels" statt, eine alte Karnevalstradition, bei der vom Campanile ein Engel herabgelassen wird. Probleme bereitet heute nach wie vor der sandige Untergrund, bei der letzten Sanierung bekam das Fundament einen Titan-Stützring, denn ein zweites Mal soll der Campanile auf keinen Fall einstürzen.
Der Campanile war zugleich Leuchtturm und Landmarke der Lagunenstadt. Kaiser Friedrich III. ritt den stufenlosen spiralförmigen Aufgang 1452 zu Pferd bis zum Glockenstuhl, ebenso Napoleon und Lord Byron. Beim Blick aus der Glockenstube präsentiert sich eine faszinierende Aussicht über die Lagunenstadt und zugleich eine Kuriosität: Man sieht von dort ein Venedig ohne Kanäle.

Die Glocken des Campanile
Die fünf Bronzeglocken des höchsten Turmes der Stadt sind überall in Venedig zu hören, deshalb dienten sie ursprünglich nicht nur dem Aufruf zum Gottesdienst, sondern hatten zur Zeit der Republik jeweils eine bestimmte Funktion. Die Renghiera oder Maleficio kündigte eine Hinrichtung an, die Nona erklang zu Mittag, die Mezza Terza rief die Senatoren in den Dogenpalast und die Trottiera verkündete den baldigen Beginn einer Sitzung des Großen Rates. Beim Einsturz des Turmes blieb nur die größte Glocke, die Marangona, die 1819 neu gegossen worden war, unbeschädigt. Die Marangona wurde zum Beginn und Ende eines Arbeitstages sowie zum 1. Aufruf einer Sitzung des Großen Rates geläutet. Die anderen Glocken wurden 1909 in Mailand neu gegossen: Papst Pius X. übernahm dafür die Kosten.
Heute läutet man die Glocken vorwiegend zu liturgischen Zwecken bzw zu Begräbnissen sowie an festgelegten Zeiten an Werktagen sowie samstags und sonntags. An Festtagen sowie am Wochenende werden alle fünf Glocken gemeinsam geläutet, wobei dann immer die kleinste Glocke beginnt und die anderen dazu geschaltet werden.
Anspielung auf das Stadtleben
Im Erdgeschoss des Glockenturms ist die sogenannte Loggetta zu finden, deren Baumeister Jacopo Sansovino ist. Die Loggetta verfügt über insgesamt drei Bögen mit jeweils einer Nische und Marmorreliefs, auf denen die Insel Zypern, die Insel Kreta sowie die Justiz von Venedig dargestellt sind.
Die Fliese spielen zudem auf das Stadtleben bzw. ihre Territorien an. Manche bezeichnen den Turm auch als wissenschaftliche Sehenswürdigkeit, da Galileo Galilei das Glockenzimmer als Laboratorium benutze und von dort aus auch den Himmel beobachtete.

Goethe soll außerdem vom Markusturm aus zum ersten Mal das Meer erblickt haben. Bekannt ist auch der venezianische Ausdruck 'andemo a bever un ombra', der soviel bedeutet wie "Gehen wir im Schatten des Campanile ein Glas Wein trinken". Dieser entstand 1872, als viele Lokale, die rund um den Markusturm zu finden waren, geschlossen wurden.
Ausblick vom Markusturm
Da Venedig und die Umgebung sehr flach ist und es in der Stadt keine höheren Gebäude als den Markusturm gibt, hat man ein wunderbares Panorama in alle Richtungen. Von nirgendwo, außer vielleicht von einem Flugzeug, sieht man die Schönheit und den Glanz der Stadt Venedig besser. Interessant ist auch der Blick auf die Lagune mit den vielen Schiffen und Inseln. Einen sehr guten Blick hat man auf die gegenüberliegenden Inseln Giudecca und San Giorgio Maggiore mit der berühmten Kirche. Auch der Ausblick auf die nahe Umgebung, wie den Markusplatz von oben, fasziniert. Persönlich war die Aussicht von dem Kirchturm in Venedig, neben dem Blick von Thira in Santorini (Griechenland) auf einen Vulkan und die Ägäis, der schönste Ausblick in meinen bisherigen Leben.

Der Markusturm hat den Entwurf einiger anderer Türme beeinflusst. Viele stehen in Städten mit maritimer Prägung:
Dem markanten Kieler Rathausturm in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt Kiel an der Kieler Förde ist von dem Architekten Hermann Billing eine Fassadenstruktur gegeben worden, die sich an den Markusturm anlehnt.
Der Turm der Kathedrale St. Georg (slo. Sv. Jurij) im slowenischen Piran (venezianisch-italienisch: Pirano) an der Slowenischen Riviera wurde ebenfalls dem venezianischen Markusturm nachempfunden.
Der Turm der St. Euphemia-Kathedrale im kroatischen Rovinj ähnelt auch dem Markusturm in Venedig.
Die Venezianischen Türme am Plaça d'Espanya in Barcelona.
Der Metropolitan Life Tower in New York wurde zwischen 1908 und 1909 nach Plänen der Architekten Pierre LeBrun und Napoleon LeBrun errichtet. Mit einer Höhe von 213 Metern und 50 Stockwerken war er bis 1913 das höchste Gebäude der Welt.
Der Sather Tower in Berkeley (Kalifornien), in Anlehnung an sein Vorbild auch Campanile genannt. Er ist das Wahrzeichen der Universität von Kalifornien in Berkeley. Erbaut wurde der 93,6 Meter hohe Turm 1914.
Der Turm des Rathauses des ersten Sektors der Stadt Bukarest wurde 1920 gebaut. Als dessen Modell diente der Markusturm.
Der originalgetreue (98,6 m hohe) Markusturm im Venetian Resort Hotel am Las Vegas Strip (Nevada). Das Hotel wurde der italienischen Stadt Venedig nachempfunden.
Die Nachbildung in Las Vegas wurde als das The Venetian Macao erneut nachgebildet.
2015 wurde im Stadtteil Zhongshan von Dalian als Touristenattraktion eine Nachbildung von Gebäuden in Venedig entlang eines Kanals eröffnet, darunter auch der Campanile.
Für die New South China Mall stand der Campanile ebenfalls Modell.
Der Markusturm in Kürze:
Baubeginn: um 900
Fertigstellung: um 980 (nach mehreren Unterbrechungen der Bauarbeiten)
verschiedene kleine Ergänzungen am Bau, bis zum heutigen Aussehen: 1152-1517
Funktion des Turms: ursprünglich Leuchtturm für ankommende Schiffe, dann Glockenturm des Markusdoms (Ankündigung von Hinrichtungen, Sitzungen des "Großen Rats" der venezianischen Republik, Messen, Hochzeiten u.a.)
starke Erdbebenschäden: 1551
zerstörerische Blitzeinschläge (vor der Installation eines Blitzableiters im Jahr 1776): 1388, 1489, 1548, 1562, 1565, 1582, 1653, 1745, 1761 und 1762
totaler Einsturz des Turms: 14. Juli 1902
Wiederaufbau (genau so, wie er vorher war): 1903-1912
Höhe des Turms: 98,6 m
Seitenlänge: 12 m
Glocken: 5 Bronzeglocken mit elektrischem Antrieb, die täglich zu veschiedenen Tageszeiten läuten
Gewicht der größten Glocke: 40 Zentner
Besichtigung: das Glockengeschoss des Turms ist gegen Eintritt über einen Aufzug erreichbar
besondere Tradition: jedes Jahr, am Donnerstag vor Karneval gibt es eine akrobatische Darbietung auf einem Seil (volo dell'angelo), das vom Turm herab gespannt ist (dokumentiert seit 1548).
(Quellen: Wikipedia.de / Hallo-venedig.com / Reise-nach-Italien.de)